I. SZENE Auf dem Grunde des Rheines – „Die Rache des Zweiten“
Morgendämmerung. Uralte Wunden peitschen Alberich, den stets Zweitgereihten, zum ihm verwehrten Anwesen seines verhassten Zwillingsbruders Wotan. Dort erfreuen sich am kühlen Nass des Bassins die drei Hausmädchen Woglinde, Wellgunde und Floßhilde mit den ihnen überantworteten Zöglingen. Pflichtvergessen flirten sie mit dem Eindringling, in willkommener Abwechslung vom Dienst. Doch bald gerät das Spiel zum Spott: Das Trio verlacht die Mannesschwäche des liebesgierigen Alberich. In Wahn und Begehren hascht er vergeblich nach den höhnischen Mädchen. Unbewegt vom glitzernden Wasserspiel der tobenden Kinder, gärt indes ein Plan in Alberichs Hirn: Ein siegreicher Menschenraub würde die Zukunft zu seinen Gunsten formen und seine missliche Lage verbessern. Dem bewaffneten Entführer haben die verstörten Frauen in ihrem Schockzustand nichts entgegenzusetzen. Mit seinem Fang entkommt der lieblose Alberich.
Das Rheingold
II. SZENE
II. SZENE Freie Gegend auf Bergeshöhen – „Quid pro quo“
Früher Morgen. Im Atrium von Wotans Anwesen. Seine Gemahlin Fricka konfrontiert den leichtsinnigen Träumer mit der ungeheuerlichen Wirklichkeit: Die von ihm beauftragte, hochragende Erweiterung des Herrschaftssitzes, Walhall – der Wall gegen die Zeit –, sei auf tönernen Füßen gebaut. Den Architektenbrüdern Fasolt und Fafner habe der notorisch untreue Gatte mangels ausreichender Zahlungsmittel seine eigene Schwägerin, Frickas Schwester Freia, als Lohn versprochen. Was gedenke er in dieser fatalen Lage zu tun? Die Antwort schuldig bleibend, empfängt der Hausherr die eingetroffenen Baumeister, die auf die ihnen zugesagte Entlohnung bestehen. In den Streit um die monströse Forderung platzt Frickas dynastischer Beistand, ihre entrüsteten Brüder Donner und Froh. Die verfahrene Situation droht zu eskalieren. Erst der sehnlichst erwartete Familienanwalt Loge eröffnet einen Ausweg: Seine Erzählung von Alberichs jüngster Entführungstat verfängt bei allen und auch die beiden Architekten äußern Begierde an einem kindlichen Nachfolger. Doch bis zum Vollzug des Tauschgeschäfts entreißen sie der Familie Freia als Pfand. Wotan sieht sich genötigt, das geraubte Kind gemeinsam mit Loge von Alberich zu beschaffen.
Das Rheingold
III. SZENE
III. SZENE Unterirdische Kluft. Nibelheim – „Blendwerke“
Mittagszeit im Kinderhort. Ängste quälen Mime, den sorgenden Erzieher; ihn bedrückt die trübe Zukunft des ihm zur Beaufsichtigung aufgezwungenen Raubkinds. Rücksichtslos unterweist Alberich „seinen“ Sohn in der Ausübung roher Gewalt. Wotan und Loge treffen auf den drangsalierten Mime, und ihnen offenbaren sich die brutalen Folgen von Alberichs Kindesprägung. Im Größenwahn droht Alberich ihnen als sein Ziel die totale Unterwerfung aller an, die er mithilfe seines Sohnes zu erreichen hofft. Von Loge verführt, präsentiert der Hochmütige leichtgläubig die Mittel seiner neugewonnenen Macht, um kurzerhand überrumpelt und seiner Waffe entledigt zu werden. Der Räuber muss sich den Räubern fügen.
Das Rheingold
IV. SZENE
IV. SZENE Freie Gegend auf Bergeshöhen – „Besitz- versus Anstandswahrung“
Zurück im Atrium, wird der gedemütigte Alberich ob seiner Vermessenheit bestraft. Ihm wird jede Verfügungsgewalt entzogen und schließlich das Kind entrissen. Der beraubte Räuber verflucht den Besitz des Knaben. Für das faszinierende Kind soll Mime geeigneten Ersatz als Bezahlung für die Baumeister beschaffen. Abend. Mit der Rückkehr der Architekten endet Freias Gefangenschaft. Verstört tritt sie ihren Geschwistern entgegen. Wortlos verfolgen alle die Auslösung Freias durch das von Mime bereitgestellte Ersatzkind. Doch Fafner bemerkt das wahre Kind, welches Wotan ob seiner Fähigkeiten bewusst vor den Baumeistern versteckt hielt. Unwillig, es ihnen zu überlassen, wird der Göttervater in höchster Not von seiner langjährigen Vertrauten Erda vor weiteren Verfehlungen bewahrt; erst unter dem Eindruck ihrer scharfen Warnung gibt Wotan das Kind schließlich preis. Brudermord im Streit um die Beute kündet vom bereits wirkenden Fluch um das verängstigte Kind: Fafner erschlägt Fasolt und nimmt das Kind mit. Donner und Froh mühen sich, die tiefe Verstörung aller ob der Ereignisse zu vertreiben. Während Loge Abschied von der dem Untergang geweihten Familie nimmt, verlocken die Weiten Walhalls im letzten Sonnenlicht die Übrigen zu so versöhnlichen wie vergeblichen Wunschträumen.
Der Ring des Nibelungen von Richard Wagner Bayreuther Festspiele
Musikalische Leitung
Cornelius Meister (2022), Pietari Inkinen (2023), Philippe Jordan (2024)